Heute haben wir den Wecker erst um 8:30 Uhr klingeln lassen. Der Grund dafür ist, dass wir um 10:30 Uhr eine Stadtführung gebucht hatten. Diesmal sogar auf deutsch. Wie sich herausgestellt hat, war es sogar eine Privatführung nur für uns, da kein weiterer deutschsprachiger Tourist sich für heute angemeldet hatte.
Die Tour war echt spitze. In ziemlich genau 3 Stunden hat uns Ilma, unsere Fremdenführerin, viele Details über die Stadt Sarajevo verraten. Wir haben z. B. das erste Hostel, oder besser die Überreste davon, „Tašlihan“ zu sehen bekommen. Der liegt direkt neben dem 5 Sterne-Hotel Europa. Ein Han war eine Übernachtungsmöglichkeit für Reisende. 3 Tage waren Kost und Logis in einem Han frei. Daher gibt es hier auch ein Sprichwort „Drei Tage sind genug für jeden Gast“.
Das Hotel Europa führt diese Tradition übrigens nicht fort. Dort kostet schon die erste Nacht ab 230 Euro. Dafür trinkt man dann Kaffee in einer Nachbildung des Restaurants der ersten Klasse der Titanic…
Wir sind an einigen der „Rosen von Sarajevo“ vorbei gekommen. Das sind traurige Überreste aus der Belagerung von Sarajevo. Granateinschläge wurden hier mit rotem Harz ausgefüllt. Daneben findet man die Namen der Opfer, die an dieser Stelle ihr Leben verloren haben. An der Stelle des ersten Markale-Massakers ist sogar noch ein Teil des 120mm Geschosses, das 68 Zivilisten tötete und 144 weitere verletze, zu sehen. Damals wie heute wird der Platz als Marktplatz genutzt.
Wir erfuhren etwas über die Unterschiede von türkischem und bosnischem Baklava, die bosnische Küche generell und haben von einem traditionellen Kupferschmied sein Handwerk erklärt und vorgeführt bekommen. Neben dem traditionellem Kaffeeservice (eines davon muss jetzt auch noch irgendwie in die Koffer passen) stellt er auch Blumenvasen aus den abgefeuerten Hülsen von Artilleriegeschossen her. Der Sinn ist zu verdeutlichen, dass auch aus schlimmen Dingen, mit etwas Mühe etwas Gutes entstehen kann. In diesem konkreten Fall aus etwas tödlichem ein Gefäß, dass einer Blume Leben spendet.
Zum Abschluss der Tour befanden wir uns genau an der Stelle, an der GENAU heute vor 110 Jahren, am 28.06.1914 das Attentat auf Franz Ferdinand, den Thronfolger Österreich-Ungarns, und seiner Frau Sophie Chotek, Herzogin von Hohenberg, stattfand. Das wurde uns erst hier bewusst und hat für einen Gänsehaut-Moment gesorgt. Durch das Attentat wurde die Julikrise ausgelöst, die wiederum zum Ersten Weltkrieg führte.
Anschließend sind wir noch ein wenig in der Stadt geschlendert, haben den obligatorischen Palatschinken gegessen, sind auf den Hügel zur „gelben Bastion“ gelaufen und mit der Seilbahn zur Bobbahn, heute ein Lost Place, der Olympischen Spiele von 1984 gefahren.
Zum Abendessen waren wir in einem traditionellen bosnischen Restaurant und hatten die sehr leckere bosnische Variante von Gulasch.
Direkt daneben, auf dem Platz vor dem alten Rathaus, fand heute ein Konzert statt. Den Soundcheck dazu haben wir heute Mittag schon mitbekommen. Ein sehr netter bosnischer Soldat erklärte uns auf Nachfrage, dass die Musiker der Bigband alle dem Militär von Bosnien und Herzegowina oder der Türkei angehöhren. Eine joint task force sozusagen… Der Sänger muss auch echt bekannt sein, zumindest hier und oder in der Türkei. Es gab jedenfalls sogar hier Groupies…
Nach ein paar Liedern haben wir uns dann zu einem Absacker Bier in eine der unzähligen Sisha Bars verabschiedet. Da haben wir den Abend dann gemütlich ausklingen lassen.
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